Er ist einer der schönsten Gärten in Weidenbach und sicher der berühmteste. Viel ist schon über ihn geschrieben worden. Was aber bedeutet er für die Menschen, die ihn pflegen? Wir haben darüber mit Elfriede Gögelein gesprochen.
„Der Garten ist meine große Freude. Auch wenn er viel Arbeit macht. Heute mehr als früher!“ Elfriede Gögelein lächelt verschmitzt. Immerhin ist sie 89 Jahre alt. Aber um den Garten kümmert sie sich (mit Tochter Monika) trotzdem fast jeden Tag, schneidet Buchs, zupft Unkraut, setzt neue Pflanzen. „Ich bin ein Maulwurf. Immer in der Erde.“
Früher – das war die Zeit von der Heirat mit Ernst Gögelein (1958) bis in die 1980er Jahre. Da hatte der Garten zwar schon seine charakteristische und bis heute unveränderte Grundstruktur, zwei kreuzweise angelegte Wege, die den Garten in vier Quadranten teilen und in deren Schnittpunkt ein Mittenrondell liegt. Aber er war ein reiner Nutzgarten, mit Beerensträuchern, Obstbäumen und Gemüse aller Art, vor allem Rhabarber. „Das gesamte Beet entlang der Straße war Rhabarber. Nichts als Rhabarber.“
Heute ist das anders. Der Rhabarber ist aus dem Beet entlang der Straße verschwunden, stattdessen blühen dort im Frühling Aubretien, Tulpen und Narzissen, im Sommer eine lange Reihe dunkelroter Polyantha-Rosen. Auch im restlichen Garten haben Gemüse, Obst und Beeren eine eher untergeordnete Funktion. Die Hauptrolle in Gögeleins Garten spielen heute die Rosen. Es gibt sie in allen Varianten – Beet-, Strauch-, Kletter- und Ramblerrosen –, und sie bilden im Sommer eine fein abgestimmte Farbsinfonie in Rosa, Rot, Orange, Gelb und Weiß.
Begonnen hatte der Wandel vom Nutz- zum weitgehenden Ziergarten in den achtziger Jahren aber nicht mit den Rosen. Einen ersten Anstoß gab Tochter Elisabeth, die die Mutter fragte, was sie denn mit dem vielen Gemüse machen wolle und ob es nicht besser wäre, „ein paar Blümli“ zu pflanzen. Elfriede Gögelein hatte jedoch eine andere Idee. Aus drei großen Buchsbaumbüschen, einem Geschenk ihrer Mutter zur Hochzeit, zog sie in jahrelanger, mühevoller Arbeit Setzlinge für „Buchsbaumheckli“. Auf diese Weise wurden nach und nach alle Beete und Wege mit niedrigen Buchsbaumhecken eingefasst, wobei Elfriede Gögelein sehr stolz darauf ist, nie einen Buchs dazugekauft zu haben. Heute stellt der Garten mit seinem Schwerpunkt auf buchsgesäumten Rosenbeeten ein besonders schönes Beispiel des klassischen Bauerngartens dar.
Rosen in allen Variationen
Gärtnerinnen und Gärtner werden oft gefragt, was denn ihre Lieblingspflanze sei. Elfriede Gögelein muss nicht lange nachdenken: für sie sind es die Rosen. Ursprünglich gab es in ihrem Garten nur eine einzige, sehr alte Rose; sie stammt noch aus der Zeit, als der Garten in markgräflichem Besitz war. Dass die Rose mittlerweile rund 200 Jahre auf dem Buckel hat, merkt man ihr nicht an, ganz im Gegenteil: Sie blüht jeden Sommer in einem zarten Rosaton. Und – sie duftet. Süß und schwer, so wie es eben alte Rosen tun.
Alle anderen Rosen hat Elfriede Gögelein selbst ausgesucht und gepflanzt. Nur ein einziges Mal hat sie sich bei einer Gärtnerei in Gunzenhausen Rat eingeholt, als es um das farbliche Zusammenspiel der Strauchrosen für das Mittenrondell ging. Die Gärtnerei empfahl die Farben Orange, Gelb und Rot. Und so blüht hier im Sommer in leuchtendem Kupferorange eine der schönsten Strauchrosen, die „Westerland“. Ihr zur Seite stehen zwei kleinere Strauchrosen in Zartgelb bzw. Rot.
Nach dem Mittenrondell ging es für Elfriede Gögelein an die Gestaltung der beiden vorderen Quadranten. Auch hier sollten Rosen im Mittelpunkt stehen und außerdem den Dreiklang Orange-Gelb-Rot wieder aufnehmen. Anders als im Mittenrondell sollten die Rosen jedoch von einer Vielzahl prächtiger Stauden wie z.B. Schwertlilien begleitet werden, die mit kühlen Blau- und Lilatönen interessante farbliche Kontraste zum warmen Farbspektrum der Rosen setzen. Blau, Lila, Violett (dazwischen Weiß, als neutralisierender Ton) finden sich im Übrigen auch in vielen Sträuchern wie etwa Flieder, Hibiskus und Rhododendron wieder.
Doch zurück zu den Rosen. Sind wir schon fertig mit ihnen? Keineswegs, denn bisher ging es ‚nur‘ um den vorderen Teil des Gartens. Lässt man jedoch den Blick über das Mittenrondell nach hinten schweifen, so erkennt man, dass auch dieser Bereich fest in der Hand von Rosen ist. Hier ist es die ‚Königsklasse‘ der Rosen, die dominiert: die Kletterrose. Der Begriff ‚Kletterrose‘ umfasst dabei zwei ganz unterschiedliche Arten, wie mir Elfriede Gögelein erklärt. Kletterrosen im engeren Sinn sind meist öfterblühend und haben steife, kräftige Triebe. Ramblerrosen, auch Schlingrosen genannt, blühen meist nur einmal im Jahr und haben lange, biegsame Triebe, fast wie Lianen.
Beide Arten sind im rückwärtigen Teil des Gartens mit reich blühenden Exemplaren vertreten. Am Rosenbogen – „so etwas wollte ich unbedingt haben“, meint Elfriede Gögelein – rankt sich eine magentafarbene Kletterrose empor. Sie bildet im Sommer einen prachtvollen Zugang zum blauen Stuhl, ihrem Lieblingssitzplatz (an der Längswand des Gartenhauses). Der Sitzplatz wird zusätzlich verschönert durch eine rote Kletterrose, die so mächtig wächst, dass sie bereits von der Balkonbrüstung des Gartenhauses Besitz ergriffen hat.
Kann man die Schönheit der beiden Kletterrose noch toppen? Ja, man kann: Gleich rechts von der roten Rose ergießt sich, haushoch, ein Meer von cremeweißen Blüten, die alle ein gelbes „Auge“ haben. Diese Rose, ein Rambler, ist für Elfriede Gögelein „der Hammer“. Gepflanzt wurde sie an einem uralten Apfelbaum. Den hat die Rose längst erklommen und ist auf der Suche nach neu zu umschlingenden Objekten zum Nachbarn hinübergewachsen, so dass Elfriede Gögeleins Sohn sie stark zurückschneiden musste. Aber das hat ihrem Wuchsbedürfnis keinen Abbruch getan; sie hat den Apfelbaum schon wieder fest im Griff.
Von der Blütenpracht der Ramblerrose fühlen sich übrigens nicht nur Menschen angezogen. „Wenn die Rose blüht, ist sie voller Bienen; man könnte denken, dass da ein ganzer Schwarm im Baum ist.“ Damit widerlegt Elfriede Gögelein auch die weit verbreitete Meinung, dass Rosen nicht von Bienen angeflogen werden.
Ein geschütztes Plätzchen für Tomaten
Gögeleins Garten war, wie schon erwähnt, ursprünglich ein reiner Nutzgarten. Auch wenn inzwischen die Zierpflanzen den Vorrang haben, so sind Obst und Gemüse doch nicht ganz aus dem Garten verschwunden; vielmehr haben sie in den beiden rückwärtigen Quadranten ihren Platz gefunden. So werden auf der linken Seite Zwiebeln, Kohlrabi, verschiedene Sorten von Salat sowie Erdbeeren angebaut. Auf der rechten Seite finden sich Johannisbeeren, und in der Mitte jedes Quadranten steht jeweils ein Apfelbaum („uralt“, wie Elfriede Gögelein betont).
Ein besonderes Augenmerk genießen die Tomaten. Als ich Elfriede Gögelein im April zum ersten Mal besuche, zeigt sie mir stolz eine ganze Armada von Anzuchttöpfchen, die im hellen Eingangsbereich ihres Hauses aufgestellt sind. Jedes Töpfchen enthält eine kleine Pflanze, alle sind in etwa gleich groß und gleich gut entwickelt. Man hat fast den Eindruck, in einer professionellen Gärtnerei zu sein.
Was passiert nun aber, wenn die kleinen Pflanzen ins Freiland kommen? Ist es in unseren Breiten nicht oft zu kühl, als dass man wirklich schmackhafte Tomaten großziehen könnte? Elfriede Gögelein hat auch für dieses Problem eine Lösung gefunden und hat für die Tomaten ein extra warmes und geschütztes Plätzchen reserviert: ein Beet an der Südseite des Gartenhauses, das den rückwärtigen Teil des Gartens abschließt. Das Beet ist mit einer transparenten Überdachung versehen, denn „Regen mögen die Tomaten gar nicht, da würden sie faulen.“
Störenfriede: Buchsbaumzünsler und Monsterdisteln
Wenn man Gögeleins Garten in all seiner Pracht und mit seiner so vielfältigen Bepflanzung sieht, könnte man fast ein bisschen neidisch werden. Gibt es denn keine Probleme? Keine Wühlmäuse, keine Nacktschnecken, keine sonstigen Schädlinge, keine Pflanzenkrankheiten? Was ist das Geheimnis, dass alles so gut gedeiht?
„Wühlmäuse haben wir keine“, sagt Elfriede Gögelein, und führt das darauf zurück, dass der Garten an drei Seiten von geteerten Flächen (Straße, Hofeinfahrt) umschlossen ist und dass es an der Rückseite kein freies Feld mehr gibt. Probleme mit Nacktschnecken, die sich über Salatpflänzchen hermachen, kennt Elfriede Gögelin auch nicht. „Nur ab und zu eine Häusleschnecke. Die stören aber nicht.“ Und was macht die Pflanzen so stark und so gesund? Werden teure Dünger eingesetzt, wird viel gespritzt? „Keine Spur“, sagt Elfriede Gögelein. „Zum Düngen verwenden wir nur unseren Kompost. Und gespritzt wird auch nicht. Alles Natur.“
Eine Ausnahme gibt es allerdings: den Buchsbaumzünsler. Ihm ist mit schonenden Methoden wie z.B. Algenkalk nicht beizukommen („den scheinen die Raupen sogar zu mögen“). Daher sehen sich Elfriede Gögelein und Tochter Monika seit einiger Zeit gezwungen, ein handelsübliches Spritzmittel einzusetzen. Anders würden sich die drei großen Buchsbaumbüsche und die Buchshecken entlang von Beeten und Wegen nicht erhalten lassen. Noch sehen sie frisch und grün und gesund aus. „Aber wie das in Zukunft werden wird?“ Darüber macht sich Elfriede Gögelein oft Gedanken. Schließlich ist ihr Garten ganz auf dem Zusammenspiel von Rosen und Buchs aufgebaut.
Was ihr dagegen keine Sorgen mehr macht, ist eine Pflanze, die sich früher einmal recht stark in ihrem Garten ausgebreitet hatte, die sie aber mit Erfolg ausrotten konnte. Die Rede ist von der Zierdistel. Im Gespräch sind wir auf sie gekommen, weil sie in Zeiten des Klimawandels ein richtiger ‚Renner‘ in den Gärtnereien und Onlineshops geworden ist. Sie ist hitze- und trockenheitsverträglich, und sie sieht mit ihren lilafarbenen kugeligen Blütenständen äußerst dekorativ aus. Was hält Elfriede Gögelein von der Zierdistel? „Finger weg! Wenn man sie einmal im Garten hat, wird man sie kaum wieder los. Sie versamt sich überall. Außerdem ist sie eine richtige Monsterpflanze. Groß, dick und stachelig. Wie ein Riesenkaktus.“
Ein blauer Stuhl und ein Heer von Schutzengeln
Wir haben ihn oben schon kurz angesprochen: den blauen Stuhl, zu dem man durch den Rosenbogen gelangt. Er steht unter dem Balkon des Gartenhauses und leuchtet in einem intensiven Himmelblau. Dieser Stuhl ist der Lieblingsplatz von Elfriede Gögelein, wenn sie zwischendurch eine Pause einlegt. „Den Garten mach ich, so gut ich kann. Immer ein bisschen was. Und dann hock ich mich hin, auf den blauen Stuhl. Und schau zu, wie alles blüht. Und hör die Vögel zwitschern.“
Elfriede Gögelein ist froh, dass sie immer noch so viel in ihrem Garten machen kann. Das ist nicht selbstverständlich. Nicht nur wegen ihres Alters. Vor einiger Zeit war sie unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt, bei dem sie schwer verletzt wurde. Dass sie sich von den Folgen des Unfalls erholt hat, dass sie sich heute wieder bücken und Unkraut zupfen, Tomaten setzen und Rosen schneiden kann – das grenzt an ein Wunder. „Ja“, meint sie lächelnd, „da habe ich wohl nicht nur einen Schutzengel gehabt, sondern ein ganzes Heer von Schutzengeln.“
Und sie ist sich sicher, dass ihr auch ihr Konfirmationsspruch (Psalm 91,11) geholfen hat: „Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen …“.
Wir danken Elfriede Gögelein herzlich für das Gespräch und wünschen ihr weiterhin viel Freude mit ihrem Garten.
Text: Eva Leitzke-Ungerer / Fotos: Erich Kraus